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Trotz
oder gerade wegen mancher Widrigkeiten ist uns eine traumhafte
Bergwanderwoche gelungen, durch reichlich Neuschnee bis in die Täler
sogar besonders reizvoll, allerdings war schon etwas
Improvisation gefragt.
1. Tag: Angereist sind die Mainzer Teilnehmer für gerade einmal 20
Euro mit der Bahn bis Oberstdorf. Etwas lang hat es gedauert
wegen der traditionellen sonntäglichen Gleisbaustelle auf der
Allgäustrecke. So war unser Start in Oberstdorf mit den
zeitgleich eingetroffenen Giessener Bergkameraden erst kurz nach
14:00 Uhr. Mit dem Taxi bis Spielmannsau wäre sicherlich
bequemer und schneller gewesen, aber Allgäukenner Hartmut
mochte nicht auf den wunderschönen Anmarsch über Moorsee,
Golfplatz und Christlessee verzichten. Direkt vor dem Anstieg
haben wir an der Alpe Oberau eine kleine Rast eingelegt. Bei
warmer Schwüle sind wir dann gerade noch regenfrei um 19:00 Uhr
an der Kemptner Hütte (1846 m) angekommen.
ca. 800 m + 4:45
Stunden
2. Tag: Am nächsten Morgen war es aus mit der Wärme. Mindestens 10
cm Neuschnee und leichtes Grieseln. Der harmlose Weiterweg über
das Mädelejoch (1974 m) war von vorausgegangenen, gewerblich
geführten Gruppen schon gespurt. Beim Abstieg hellte der trübe
Himmel langsam auf. Zwischendurch war eine kleine Trinkpause in
der am Wege liegenden Unteren Rossgumpenalp (1329 m)
unvermeidlich. Besonders eindrucksvoll waren die mächtigen
Wasserfälle im letzten Drittel des Abstiegs nach Holzgau. Im
Tal angekommen, verbrachten wir die Wartezeit auf die
Kleinbusfahrt bis zum Parkplatz der Memminger Hütte im Gasthaus
Bären. Original durchzulaufen wäre ein fußschädigender
Langweiler geworden. Als Privatgruppe mussten wir den vielen
gewerblichen Gruppen Vorrang lassen, wir sind aber dennoch
zeitgerecht zum Aufstieg gekommen. Nur aus dem angedachten
Rucksacktransport per Seilbahn wurde nichts wegen des großen
Andrangs. Der Aufstieg war im unteren Teil eher nass und
klebrig, weiter oben mit Schnee gepudert. Und im oberen Teil zog
es sich wieder zu mit Schneegriesel, so dass uns viel von der
Landschaft verborgen blieb. Auf der Memminger Hütte (2242 m)
war durch die Massen an Organisierten ein höllisches Gedränge,
aber das sollte sich noch als Segen erweisen. Jedenfalls hatten
wir ein ordentliches Lager für 9 aber 11 waren wir. Also hieß
es Kuscheln und eine zusätzliche Matratze organisieren.
ca. 130 m +
870 m -
800 m +
5:30 Stunden
3. Tag: Der neue Tag wurde dem Wetterbericht gerecht. Satte 40 cm
Neuschnee. Alles zu und dicht. Was tun? Nichts. Und das war
richtig so. In ziemlicher Verlegenheit waren die gewerblichen
Gruppen, die irgendwie im Takt des Ablaufplans bleiben mussten.
Den Weiterweg über die Seescharte (2599 m) wagte niemand. Das
bedeutete für die Anderen zurück ins Tal und wir hatten unsere
Ruhe und für den nächsten Tag eine
Spur. Ganz langsam hellte
es sich über den Tag hinweg auf, so dass sich uns zunehmend
eine traumhafte Umgebung erschloss. Von den umliegenden Bergen
rutschten erhebliche Schneemassen als kleine Nasslawinen ab,
auch auf und über die Wege.
4. Tag: Die Nacht sollte alles ändern. Sternenklar und morgens
Alpenglühen. Dennoch wollten wir uns nicht als Erstbegeher nach
dem Schneefall spursuchend über die hohe Seescharte (2599 m)
plagen und anschließend satte 1900 Höhenmeter ins Tal
hinunterquälen. Eine Handvoll junger Unentwegter mit Steigeisen
wagte das Abenteuer und kam auch tatsächlich unbeschadet unten
an. Aber für uns Angejahrte gab es eine viel bessere Lösung, nämlich
auf dem von den Gruppen am Vortag gespurten Weg
zum von der Hütte
aus vorbestellten Bustaxi abzusteigen. Mehrfach war die Spur
durch zu Bergen harter Schneebälle erstarrte Nasslawinen verschüttet.
Trotzdem kamen wir zügig bergab. Die anschließende Fahrt über
das Hahntenjoch (1894 m) nach Zams war ein Traum. Landschaft
pur! Unten grün, oben weiß und unendlicher Fernblick. Wir
leisteten uns den sinnvollen Luxus, mit der Venet-Seilbahn bis
zur abenteuerlichen "Mittelstation" aufzufahren. Das
ist keine wirkliche Station, sondern ein recht luftiger Zustieg
über die Bedarfshaltestelle an einer Stütze. Unser nächstes
Quartier in der sehr empfehlenswerten Zammer Schihütte (1764 m)
lag nur 10 Minuten entfernt. Es gab schöne, aussichtsreiche
Zimmer mit Nasszelle und ordentlicher Halbpension zum günstigen
Preis. Den angebrochenen Tag nutzten wir natürlich noch zu
einem abgekürzten Aufstieg über Skipisten hinauf zur
Gipfelstation auf den Krahberg (2208 m) mit Pause im
Panoramarestaurant. Im Sauseschritt ging es auf dem gleichen Weg
zurück.
ca. 800 - 470
+ 470 -
5 Stunden
5. Tag: Das Wetter blieb schön und klar und auch der Schnee blieb
liegen. Mit der am Vortag gekauften Seilbahnkarte sind wir bis
zur Bergstation weitergefahren. Oben angekommen, bot sich wieder
ein traumhafter Rundumblick. Die Spur unseres weiteren Weges war
bis auf gefrorene Schneereste, die bald matschig wurden, frei
getreten. Der Weiterweg mit Panoramablick führte uns über die
Goglesalm (2017 m) hinunter zur Pillerhöhe (1559 m) mit dem
Gacher Blick (hier Einkehr) dann wieder leicht bergauf zur
Aifner Alm (1980 m) und weiter auf einem nach den Schneefällen
noch nicht begangenen Panoramaweg zur Falkauns Alm (1982 m). Die
tief eingeschnittene Felsrinne des Lahnbachs musste weiter oben
umlaufen werden. Wegen der Schneelage war hier Vorsicht geboten.
Ab Falkauns Alm sind wir dann auf Weisung der wohl nicht
wandererprobten Wirtin den etwas öden Fahrweg durch den Wald zu
unserem sehr empfehlenswerten Komfortquartier Wiesenhof (1607 m)
abgestiegen, besser wäre der gedeckelte Kanalweg gewesen, den
wir am nächsten Tag zum Aufstieg genommen haben.
ca.1200
m - 600
m + 8:30
Stunden
6. Tag: Bei weiterhin bestem Wetter war unser nächstes Ziel die
Verpeilhütte. Jetzt stiegen wir weitaus schöner über den
Kanalweg auf, jedoch nicht zurück bis zur Falkauns Alm sondern
viel bequemer und kürzer durch einen gut 900 m langen, nur mäßig
nassen Wasserstollen (Taschenlampen) direkt zur noch
bewirtschaftet gewesenen Gallrutt Alm (1980 m), dem Beginn des
direkt zur Hütte führenden, recht ausgesetzten Dr.-Angerer-Höhenwegs.
Ein ungutes Gefühl kam auf. Im arg steilen Einstieg war noch
allerhand Schnee und wie es weiter gehen sollte, wollten wir uns
lieber nicht vorstellen. Der ernste Blick des Senners gemahnte
uns, diesen zu Rate zu ziehen. Überzeugend riet er uns ab, weil
wir damit rechnen mussten, dass die schmale und ausgesetzte Spur
mitsamt Sicherungen stellenweise verschüttet ist. Ein Wagnis
mit unsicherem Ausgang wollten wir nicht herausfordern. Und so
sind wir goldrichtig über den Viehweg lockere 700 Meter ins
Kaunertal abgestiegen. Der mühsamste Teil waren dann die drei
Kilometer auf der Fahrstraße bis zum Cafe Angelika. Mit richtig
sättigender Knödelsuppe gestärkt ging es nach nur kurzem
Weiterweg auf der Straße höchst produktiv hinauf zur von
Wiesen und mächtigen Bergen umgebenen, gerade schneefrei
gewordenen Verpeilhütte (2015
m). Große Freude hatten wir mit
der jungen Hüttenwirtin, die noch im letzten Jahr auf der
Kaunergrathütte die Küche versorgte.
ca. 350 m + 740
m - 800
m + 5
Stunden
7. Tag: Das Traumwetter ging jetzt zur Neige. Es kamen doch wieder
Wolken auf mit nur wenigen Lücken. Entgegen unserer
berechtigten Scheu, den Dr.-Angerer-Steig zu wagen, waren wir
ganz zuversichtlich, über das Apere Madatschjoch (3020 m) zu
kommen, weil wir wussten, dass der Aufstieg lediglich mühsam
ist und der felsige Steilabstieg zur Hochfläche oberhalb der
Kaunergrathütte vom Hüttenwirt Andreas Jeitner mit Ketten,
Krampen und Leitern wie ein kleiner Klettersteig perfekt
gesichert wurde. Außerdem waren am Vortag die ersten Mutigen
schon erfolgreich übergestiegen. Natürlich waren wir bald in geschlossenem
Schnee. Das Vorankommen war aber fast
besser als in rutschigem Geröll. Der letzte Aufschwung zum Überstieg
war ebenfalls durch einige Krampen am Anfang und dann mit Ketten
gut präpariert. Keine Stelle war ängstigend. Und am Beginn des
eigentlichen Überstiegs wurden wir von den gerade in diesem
Moment angekommenen Getreuen Wolfgang Briese und Horst Herder
abgeholt. Gemeinsam kamen wir bei leichtem Grieseln auf dem nie
ganz schneefreien Madatschjoch an mit anschließend rund 100 Meter
steilem, teilweise senkrechtem
Felsabstieg. Wo es steil ist, hält
sich (fast) kein Schnee und so waren alle
Sicherungseinrichtungen hervorragend zu nutzen, lediglich für
Kurzbeinige war manchmal erhöhte Elastizität gefordert.
Jedenfalls sind wir alle bester Dinge hinuntergekommen und waren
schnell auf dem restlichen Weg zur Kaunergrathütte (2817 m), die sich
im Schneetreiben nicht so recht zeigen wollte. Richtig zufrieden
und glücklich waren wir über uns und unsere Leistung, aber auch dankbar,
dass alles so gut gegangen war, verbunden mit großer
Anerkennung für die umsichtige Führung von Manfred und den
zweiten Ruhepol unserer Gruppe, dem baumstarken Hans Langecker.
Großes Hallo gab es dann auf der Hütte. Und unseren Dank, dass
alles so vortrefflich gelungen war, konnten wir und noch ein
paar weitere Übersteiger bei einer kleinen Bergmesse abstatten, die
wegen des doch recht rauen Wetters im Gastraum stattfand.
Ungeachtet unserer verschieden ausgeprägten Gläubigkeit waren
wir alle Gott näher.
ca. 1050 m + 250
m - 5
Stunden
8. Tag: Der Abstieg am nächsten Tag war Routine. Die Rückfahrt
wurde dann etwas langatmig. Zuerst ging es mit dem Bus nach Imst und
dann weiter mit der Bahn nach Lindau, wo wir uns in mehrere
Richtungen zerstreuen mussten. Nach aller Bergstille war unsere
Ankunft in Lindau ein Kulturschock. Wie wir schon vorher aus dem Zug
im Raum Bregenz sehen konnten, waren Heerscharen von Menschen
auf den Beinen. Nach unseren einsamen himmlischen Tagen fast ein
Blick in die überbevölkerte Hölle.
ca. 1200 m - 2:30
Stunden
Eine
tolle Gruppe waren wir. Alle von nahezu gleicher Leistungsstärke,
und alle vom "gleichem Geschlecht", weil wir unsere tüchtigen
Frauen in den Stand der Männer "erhoben" haben. Prima
haben wir uns vertragen und beschlossen, den E5 im nächsten
Jahr gemeinsam zu vollenden.
Teilnehmer:
Ingrid Briese
Ines Claussen
Cornelia Diegel
Egon Diehl
Dr. Stefan Haack
Hans Langecker
Horst Maas
Rainer Müller
Manfred Neuber (als Leiter)
Hartmut Rencker (Redaktion)
Wolfgang Schneider
und hier zu E5-Südteil
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